Ironman Hamburg Race Report - Mein Wetter, mein Tag, mein Rennen!
Pre-Race
Die Tage vorm Rennen waren entspannt wie bei keinem anderen Rennen bisher. Pastaparty etc fielen dieses Jahr leider den Covid-Einschränkungen zum Opfer. Dafür ging sich der ein oder andere schöne Kaffeeklatsch mit Wolfgang, Madeleine & Susanne aus. Die letzten Einheiten liefen gut, die Beine fühlten sich super an. Hamburg zeigte sich wettertechnisch nicht gerade von der besten Seite. Vorhersage für den Renntag: max. 18°C und Regen. Während sich 99% vermutlich "oh Gott" dachten, hab ich mich tierisch darüber gefreut 😅 Denn ich wusste: wenn ich eins kann (und das vermutlich auch besser als die anderen), dann ist es mit Kälte klarzukommen.
Am Donnerstag dann ein absoluter "Pippiindenaugenmoment". Ein Anruf von der Rezeption "wir haben hier ein Paket für Sie". Mich erreichte ein absoluter Motivationskick in Form eines Überraschungspaketes von Malin & Dom .
Ab Freitagabend kam nach und nach dann richtig die Aufregung und ehrlich gesagt auch ein bisschen Angst. Die Supportcrew war nun mit meinen Eltern, meinem Freund Tom , meinem guten Freund Dommi und unserem vierbeinigen Edelmaskottchen Pinia auch vollständig. Mein Check In Slot am Sa Nachmittag lag zeitlich perfekt, sodass sich Vorbelastung, Vorbereitungen, ein letztes Telefonat mit meiner Trainerin und sogar ein kleiner Mittagsschlaf gut ausgingen (während Tom meinem Rad eine letzten Check verlieh). Beim Check In sah ich dann schon: die Wechselzone ist echt lang. Der Moderator bestätigte das Gefühl dann am Sonntagmorgen mit "Willkommen in der längsten Wechselzone der Welt". Trotz Aufregung schlief ich die Nacht vorm Rennen wie ein Baby.
Um 4 Uhr klingelt der Wecker und es gab weiße Semmeln vom Vortag mit Marmelade. Ein letzter Check in der Wechselzone mit kurzer Aufregung ("Schatzi, shit, die Bremse schleift"), ab in den Neo, letztes Angst-Pippi und ich verabschiedete mich von meinem Team und begab mich in meinen Vorstartbereich für alle mit anvisierter Sw-Zeit unter 01:05. Ein bisschen Schulterkreisen zum Aufwärmen und dann kamen mir tatsächlich etwas die Tränen. Nach 3 Jahren mit vielen Auf und Abs, privat sowie sportlich, stand ich jetzt also am Start für meine LD Nr. 4.
Swim
01:02:43, schnellste AK-SW-Zeit und 8. Damen-SW-Zeit💪🏽
Um 6:45 fiel der Startschuss des Rolling Starts für uns AG-Athleten. Ca. 8min später stürzte ich mich in die Alster, eine ziemlich braune Plörre. Die Sichtweite im Wasser betrug etwa 30cm. Die Wassertemperatur lag bei ca. 18°C, im Vergleich zu draußen wars also wohlig warm und wie gesagt, ich mags ja gerne kalt 😉
Ich fand sofort einen guten Rhythmus. Nach Durchschwimmen der ersten Brücke raus in die Außenalster beschlug meine Brille komplett...ihr wars wohl doch zu kalt. Also kurz zwei Züge Brust, Brille ins Wasser tunken und weiter gings. Für ca. 300m fand ich jetzt ein gutes Paar Beine in deren Wasserschatten ich mich heften konnte. Als ich dann merkte, dass der Athlet jedoch etwas arg im Zick-Zack unterwegs war, schwamm ich lieber wieder mein eigenes Ding weiter. Der Weg raus bis zur Halbzeit-Boje kam mir extrem lang vor, der Weg zurück verflog dafür wie im Flug. Hier war es kurz mal etwas wellig und ich kostete unfreiwillig einen guten Schluck nach Benzin schmeckendes Alsterwasser. Nicht zu empfehlen! Zum Glück weiß ich ja, dass mein Saumagen auf sowas in der Regel nicht schlimm reagiert. Ich überholte nach und nach immer mehr Athleten, was natürlich Motivation pur war.
Nach 01:02:43 stieg ich aus dem Wasser. Geil, damit erreichte ich genau meine bisherige SW-Bestzeit auf der LD und das nach 6 Monaten kompletter SW-Pause während des Lock-Downs. Läuft! Die Athleten vor mir liefen gemächlich Richtung WZ, aber ich hatte meine Freunding Malin im Ohr: in der WZ wird nicht gebummelt! Also düste ich mit meinem Beutel Richtung Frauen-Wechselzelt, das voller Männer war.
Bike
05:02:53, von der in 2018 schwächsten Disziplin zum schnellsten F AG-Bikesplit overall.
Die Strecke war wie gemacht für mich. 300HM auf 180km, d.h. klein machen und Drücken. Kann ich. 15km raus aus der Stadt mit ein paar Bahnschienen (zum Glück hatte ich aus Frankfurt gelernt und die Flasche mit Haargummis fixiert), 15km den Deich runter, 15km den Deich rauf mit Gegenwind und wieder 15km rein in die Stadt. 3x. Anfangs war ich im Blindflug unterwegs, da mein Shield beschlagen war und von außen Sprühregen dazu kam. Auf der Radstrecke bot sich ein buntes Bild: vom kurzen Einteiler ohne Socken bis hin zu Überschuhen und fallschirmartigen Regenjacken. Ich fands wieder super und fühlte mich richtig gut! Nach der 1. Runde rechnete ich mal kurz hoch: wenn ich nur annähernd so weiterfahr, komme ich unter 05:10 raus, krass! Nach jeder Runde machte mir mein Team samt Bayern-Flagge ordentlich Dampf. Was mich richtig motivierte: mich überholte keine einzige Frau. Auf der letzten Runde wurde es mental etwas zäh. Der Nacken machte mir zu schaffen und ich dachte ich könnte jetzt bestimmt die Aeroposition nicht mehr gut halten. Das legte sich aber zum Glück schnell wieder. Der Wind und Regen nahmen jetzt auch zu. "Noch 1x diesen blöden Deich entlang" sagte ich mir "den musst danach nie wieder sehen". Und dann hatte ich tatsächlich etwas Glück: kurz nach dem Wendepunkt überholte mich ein recht großer Spanier. Er fuhr einen Tick schneller als ich, aber durch den mittlerweile deutlichen Gegenwind profitierte ich selbst bei bravem Einhalten der 12m Windschattenbox noch und konnte mit meinen anvisierten Watt gut hinterherfahren. "Komm, da bleibst jetzt dran". Das half mir extrem, v.a. mental. In T2 dann die große Freude über den Radsplit. "Wahnsinn, wie hast du das denn gemacht?". Wieder ohne Bummeln ab ins Wechselzelt (gemeinsam mit einer Profi-Frau, die 25min vor mir gestartet war) und ein kurzes "richtig geil" von meinem Team abholen. Hinterher erfuhr ich, dass ich richtig schnell gewechselt habe und der zu diesem Zeitpunkt AK Zweiten 01:30 abgenommen hatte...wo ich doch normal so lahm wechsle.
Run
03:33:33, kostet mich wohl noch die ein oder andere Runde an das Supportteam.
Anfangs fühlte ich mich super, was (mal wieder) dazu führte, dass ich zu schnell los bin. Bis km 15 war ich mit 4:47 min/km unterwegs. Angepeilt war eigentlich ein Schnitt von 5:00 min/km. Wo ich zu diesem Zeitpunkt lag, wusste ich nicht. Ich hatte mit meinem Supportteam vereinbart, dass ich erst etwa bei km 30 etwas wissen möchte, denn bis dahin musste ich einfach mein eigenes Rennen machen. Etwa bei km 6 rief mir ein Unbekannter zu "wenn ich mich nicht irre, bist du die erste AG-Frau". "So ein Käse! Der hat das bestimmt mit dem Rolling Start vercheckt". Was unbeschreiblich war, war der Support der Zuschauer. Egal, ob sie mich kannten oder nicht, das war so cool. Ich versuchte auch jedem ein Lächeln zu schenken, weil ich mich so darüber freute. Ab der 3. Runde fiel mir das leider nicht mehr ganz einfach. Ab km 21 wurde es zäh, in der letzten Runde ein richtiger Kampf. Bei km 32 rief mir meine ehemalige Trainerin Heike zu "7 Min. Vorsprung. In der letzten Runde hast du nur eine Min. verloren!". Ich erwiderte "In der AK?". Als darauf ein "Äh, ne, in der AK gucken wir gar nicht mehr, da sinds glaube ich 33 Min. Du läufst gerade um den Damen AG-Gesamtsieg. Lass dir das mal auf der Zunge zergehen!" kam, war ich ordentlich Baff. Wer jetzt denkt, das wär "a gmahde Wiesn", der irrt sich. Ich hatte richtig Schmerzen, meine Oberschenkel machten vorne immer mehr zu und ich hatte das Gefühl ich müsste jeden Moment stehen bleiben. Meine Strategie: an der Verpflegungsstelle wird kurz gegangen, ein Schluck Cola getrunken und spätestens ab Ende der Verpflegung wird sofort wieder gelaufen. Wenn ich aber mal lief, war ich gar nicht langsam, denn trotz Gehpausen, lagen meine Splits immer noch zw. 05:10-05:25. Das erklärt mir im Nachhinein auch, warum so viele riefen "das sieht schön locker aus". "Die wollen mich doch verarschen." Richtig genießen konnte ich daher nur die letzten Meter, davor waren die Schmerzen so arg, dass ich einfach nur endlich fertig sein wollte. Dann war es soweit: es gab das letzte Rundenbändchen und dann erklangen die Worte "Tanja, you are an Ironman". Auf der Anzeigetafel: 09:48:01. Ein Helfer reichte mir eine Wärmefolie, ich setzte mich auf eine Bank (ohne selbigen Helfer wäre ich hier nie wieder hoch gekommen), mir kamen die Tränen. Ich konnte schlichtweg nicht fassen, was da gerade passiert ist!
Finishline
09:48:01, 1. AK 30, 1. F AG overall, 9. F overall inkl. Pros
Sprachlos!
Dickes Danke
DANKE an meinen Freund Tom, dass du immer hinter mir stehst, mir den Rücken frei hältst, dich für mein Training selbst oft zurücknimmst und dennoch immer Feuer und Flamme für meine Vorhaben bist. Und, dass du immer so lieb mein Rad putzt 😉 #derbeste
DANKE an meine Supportcrew vor Ort mit Mama, Papa und Dommi, dass ihr den langen Weg nach Hamburg auf euch genommen habt, für mich da wart, mir Dampf unterm Hintern gemacht habt. War einfach toll das alles gemeinsam mit euch zu erleben. #teamtanja
DANKE an Madeleine, Susanne, Claudia & Detlef für euren Support an der Strecke. #support
DANKE an unfassbar viele unbekannte Gesichter, die mich auf der Strecke angefeuert haben. #einfachgeil
DANKE an Dom & Malin für die absolut gelungene Überraschung und den extra Motivationskick. #friendshipgoals
DANKE an meine Trainerin Nine für die geniale und abwechslungsreiche Trainingsplanung, das viele Feedback zu den Einheiten und Höchstform auf den Punkt! Ich freu mich riesig auf die Hawaii-Vorbereitung mit euch! #teamwork
DANKE an meine ehemalige Trainerin Heike für 7,5 Jahre Zusammenarbeit, die überhaupt erst die Basis für diesen Erfolg geschaffen haben. Du hast mich Ende 2013 als blutigen Anfänger aufgenommen und kontinuierlich aufgebaut, damit sowas wie am Sonntag möglich ist. #personaltriathlontraining
DANKE an IstriaBike.com für den super schnellen Einteiler und die genialen Trainingsmöglichkeiten in Istrien! #placetobe
DANKE an meine Ernährungsberaterin Caroline Rauscher für das perfekte Verpflegungskonzept. Wenn ich mich seit meiner ersten LD auf eins verlassen kann, dann das die Verpflegung 1a passt. #hochlebediepampe
DANKE an mein Physio- und Athletikteam mit Brigitte Schmailzl & OSPhysio , dass ihr mich nach meiner Verletzung 2019 wieder auf die Beine gebracht habt und dafür gesorgt habt, dass ich ohne Wehwehchen an der Startlinie stehen kann. #rehab
DANKE an alle, die mitgefiebert haben, mir im Vorfeld und auch hinterher mit so vielen Nachrichten immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert haben. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie motivierend das ist. #einfachirre