Winterman eXtreme Triathlon 2023
Short-Facts:
Start:
Decin, Tschechien
Schwimmen: 9km flussabwärts in der Elbe,
Wassertemperatur 7-12°C
Radfahren: 175km/3300hm durch die Böhmische
Schweiz
Laufen: 43km/1200hm
auf den Gipfel des Jested
Außentemperatur: 0-12°C
Finish
No. 3 in der Xtri-Series
Endzeit: 11:58:28
1. Frau mit Start-Ziel-Sieg (Vorsprung auf 2 1,5 Std.); 9. Overall
1st out of Water overall
Frauenstreckenrekord um knapp 2 Std unterboten
Schwimmen - 01:04:05 - 1st out of Water
Da stehe ich, in der 1. Reihe auf der Startplattform, bereit meinen Extreme No. 3 in Angriff zu nehmen nach dem Austria Extreme in 2022 und dem Pyrenäen Extreme diesen Mai. Um mich rum 100 Athleten, 100 Blinklichter, 100x Anspannung. Ich bin aufgeregt, als wärs mein erster Triathlon. Aber auch min. so vorfreudig.
5:30 mit einem Hocksprung (um die Steine am Boden nicht zu treffen) geht's in die Elbe. Die fühlt sich im Vergleich zu den Außentemperaturen von 5°C richtig warm an. Die Wassertemperatur liegt zwischen 7-12°C, je nach Stelle. Die Strömung treibt einen direkt los. Zwei Dinge wurden mir vorher eingebläut: unbedingt die metallenen Flussbojen meiden und, falls ich vorne dabei bin, einfach dem Führungskajak folgen, das kennt die beste Linie. Die ersten Züge fühlen sich super an, ich finde direkt einen guten Rhythmus. "Das wird ein guter Tag!". Anfangs sind wir recht lang zu Dritt hinter dem Führungskajak. Je nachdem wer grad die bessere Strömung erwischt, zischt wieder wie ein Pfeil an den anderen vorbei. So geht das eine ganze Weile. Zwischendurch merkt man richtig die kleinen Strudel, die einen durchschütteln. Vor lauter Freude wär ich beinah gegen eine Boje geknallt. Zum Glück streift sie mich nur. Leicht. Plötzlich bin ich alleine hinterm Führungskajak. "Echt jetzt? Ich? Allein hier vorne?". Auch wenn sich die Strecke zieht, fühle ich mich immer noch super und beschließe "Tanja, das lässt du dir jetzt nicht mehr nehmen!". Endlich ist die Brücke in Sicht, nach der es gilt langsam Richtung Ufer zu schwimmen, denn der Schwimmausstieg nähert sich. Die letzten Meter sind richtig mystisch. Stockdunkel, an Land ein kleines Feuer, links und rechts die beiden beleuchteten Schlösser auf Hügeln. Ich sehe meine Supporterin, die direkt am Ausstieg auf mich wartet, und höre die Zuschauer. Dann steige ich tatsächlich als erste Overall aus dem Wasser! "Wahnsinn, du hast es echt geschafft! Tanja, das wird dein Tag!". Hinterher erfahre ich vom Veranstalter, dass die beiden Männer, die kurz nach mir aus dem Wasser kamen, beides Profiathleten waren, die wohl ganz schön verdutzt geschaut haben, als der Veranstalter ihnen mitteilte, dass sie gerade von einer Frau abgehängt wurden. Ich werfe Nicole direkt ein "War das geil! Und mir ist gar nicht kalt, muss mich nicht umziehen, die Weste reicht" zu. Schließlich will ich mir das ja auch nicht nehmen lassen, als Erste aufs Rad zu gehen.
Radfahren - 06:25:05
Durch die Zuschauer geht es hinaus auf die dunkle Radstrecke. Ich find sofort einen guten Tritt. Bis km 15 geht's recht flach dahin. Dort will ich nochmal Verpflegung aufnehmen, denn es folgen 15km "No-Support-Zone". Ich bin so fix, dass das Supportcar es grad rechtzeitig schafft. Jetzt überholen mich die ersten Männer. Alle feuern mich an und sogar ein Fist-Bump ist dabei. Das ist dieses Miteinander, das die Extremes zu sowas Besonderem macht. Es wird hügeliger. Etwa bei km 25 geht's in eine schattige Abfahrt und ich bereue kurz meine Kleiderwahl…habe Eisfinger. Blick auf den Garmin: gschmeidige 0°C. Glücklicherweise kommt aber bald ein Anstieg und auch die Sonne kommt raus. Halb so wild. Meine Eltern haben sich zur Aufheiterung wieder in Schale geworfen: Papa ist als Einhorn am Streckenrand unterwegs und Mama als Asterix. Bei km 60 erster Pippi-Stopp. Auf mein "Wie liegen wir?" erhalte ich ein "Kannst ganz entspannt Pieseln". Also wohl gut. Bei km 85 gehen die Watt-Werte etwas runter und es fühlt sich anstrengend an. "Nene, Einbruch könn ma jetzt noch keinen gebrauchen Fräulein!", sag ich mir. Koffeintabletten, Bissen vom Riegel und schon läufts wieder. Ich bekomme die ersten Zwischenstände. Wir bauen in der Damenwertung weiter fleißig den Vorsprung aus. Mir wird warm, es hat schließlich 8°C…ich werfe Nicole meine Weste entgegen. Beim Abfahren im August zog sich die Achterbahn-Strecke mit ihren unzähligen kleinen Hügeln richtig. Heute vergeht sie wie im Flug. Mit zwei Männern geht es immer hin und her. Im Flachen überhole ich, am Anstieg sie. Ich erhalte die letzte Verpflegung vom Team, bevor sie sich auf in T2 machen. Die Info, dass unser Vorsprung mittlerweile fast eine Std. beträgt und wir uns in den Top 10 befinden, gibt nochmal einen richtigen Push. Ich treffe einen Bekannten , der in der Nähe wohnt und extra hergekommen ist. Die letzten 2 Km lasse ich etwas ruhiger angehen, um den Beinen etwas Erholung zu gönnen. Es geht hinein in T2, wo meine Supporterin schon auf mich wartet. Kurzer Dixi-Stopp, rein in die Laufklamotten, nochmal allen winken und es geht los. Wartet ja zum Glück nur noch ein Berg-Marathon.
Laufen - 04:20:53
Gemeinsam mit meiner Supporterin geht es hinaus aus dem Resort. Ich bin sehr dankbar, dass ich wieder die ganze Laufstrecke begleitung habe. Vorgeschrieben ist die Begleitung nur die letzten 2km. Die Beine fühlen sich erstaunlich ok an. Anfangs geht es wild über Koppeln und durch Brennesseln auf kleinen Trails, dann bis km 15 über Wiesn- und Feldwege leicht wellig dahin. Die Abwechslung tut gut. "Nicht wundern wenn ich Schnaufe wie ein Walross, mir geht's trotzdem gut!" werfe ich meiner Supporterin zu. Km 10, 49', Pacing genau on Point trotz der Hügel.Bei km 15 treffen wir das 1. Mal auf die Crew, ich wechsle vom Trail in den Carbonschuh und ein weiterer Freund verstärkt unser Mädels-Duo beim Laufen. Plötzlich: starker Graupelschauer. "Zum Glück sitz ich nicht mehr am Rad!". Km 18-28 vergehen nur sehr schleppend. Es geht immer ganz leicht ansteigend auf der Straße dahin, zäh! Ich nerve das Team häufig mit "Könnt ihr nochmal Abstände checken?", denn ich kann es schlichtweg nicht glauben, dass wir weiter Vorsprung ausbauen, mittlerweile 1:20. Das Laufen war für mich eine kleine Wundertüte. Vor 3 Wochen bekam ich plötzlich Schmerzen im linken Mittelfuß und konnte 1,5 Wochen gar nicht laufen. Zum Glück hab ich das Problem aber wieder in den Griff bekommen, und bisher merke ich den Fuß im Rennen überhaupt nicht. Km 30 in 2:40. Läuft! Aber jetzt wartet der Endgegner: 12km/800hm bergauf. Ich versuche so weit es geht zu laufen und nur in den steileren Stücken zu Gehen. Weitenteils klappt das. Es fängt zu schütten an, ein kalter Wind bläst. Ich beschließe zumindest ein langes Oberteil anzuziehen. In meinem Kopf starten erste Hochrechnung. "3,5 Std. für 7km für den Streckenrekord…sollte sich ausgehen" und "Das wird ja schneller als mein bescheidener Hawaii-Marathon". Km 41: 300m fast senkrechter Steig hoch zum Jested. Es liegt Schnee! Der Kreislauf macht sich bemerkbar und ich setze nur einen Fuß vor den anderen. Meine Supporterin stützt mich ein bisschen nach hinten ab. Es folgen 500m Trail bergab, dann noch 500m auf der Straße. Ich höre die Stimmen der Finishline Beflügelt lasse ich einfach die Beine laufen, was mir ein "Geht's auch bissal langsamer" meiner Begleiter einbringt. Ich sehe Papa das Einhorn. Er ruft "Gib Gas, dann bist unter 12 Std.". Im Nebel tut sich der Zieleinlauf auf!
180° Rechtskurve, 180° Linkskurve, schauen dass man mit dem Schnee auf der Wiese nicht ausrutscht und dann ist da das Zielbanner. Ich nehme meine Supporterin an der Hand und kann gar nicht beschreiben wie sehr ich diesen Moment genieße, als wir das Banner in die Luft reißen. Wir habens geschafft! Und wie!Ich könnte die Welt umarmen. Stolz bekomme ich meine Medaille No. 3 auf der #roadtoxtriseries umgehangen. Zielinterview fürs Tschechische Fernsehen darf ich auch noch geben. 😅
Was für ein Gefühl, wenn sich die ganze harte Arbeit auszahlt. Und dann auch noch so auszahlt. Ich bin einfach nur stolz, überwältigt, dankbar und vor allem: glücklich!
Mit dem Streckenrekord (zuvor 13:55) hatte ich zugegeben im Voraus schon geliebäugelt und wusste, dass ich ihn an einem guten Tag in den Beinen haben sollte. Dass wir am Ende aber, bei extremen Bedingungen (die laut Veranstalter wohl noch nie so heftig waren wie dieses Jahr), fast 2 Std drunter bleiben können, hätte ich nie gedacht.